Der erste Todestag Jörg Haiders – eine Bilanz

Der spektakuläre Unfalltod von Jörg Haider jährt sich zum ersten Mal. Das offizielle Kärnten legt am kommenden Wochenende den braunen Kärntneranzug an und veranstaltet große Gedenkfeiern und Gedenkmessen. Aufmärsche der heimattreuen Traditionsverbände, Kärntner Fahnen mit Trauerflor schwingend und Goldhaubenfrauen werden dem Trauertag, der zufällig auch mit dem Landesfeiertag, dem Tag der Kärntner Volksabstimmung 1920, zusammenfällt, ein festliches Gepräge geben. Und als Höhepunkt des Trauer-Fest-Tages eröffnet eine Gedenkausstellung in einem ehemaligen Nazibunker, dem vorweg schon berühmt gewordenen Haider-Museum.

Gemeinderätin Evelyn Schmid-Tarmann, die Ende Juli bei der Budgetsitzung mit der Frage nach entsprechenden Beschlüssen von 85.000 Euro für ein geplantes Haider-Museum die Medienlawine losgelöst hatte, zieht für die Grünen Bilanz: „Der charismatische Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider, war das BZÖ und ist noch als Toter das BZÖ. Er gewann die Landtagswahl im März 2009 posthum für seine Epigonen. Im übrigen  Österreich löst sich die künstliche orange Luftblase BZÖ durch eine Wahlschlappe nach der anderen bereits auf und dieses Schicksal wird sie früher oder später auch in Kärnten ereilen: Keine Persönlichkeit unter ihnen, Nachahmer ohne Format in höchsten Regierungsämtern. Fast täglich ein Tritt ins Fettnäpfchen oder ein Beweis für Inkompetenz, Ignorieren demokratischer Grundsätze, Rassismus, Klagsdrohungen, gravierende Benachteiligung kritischer Geister, die bis zur Existenzgefährdung gehen. Das ist die Bilanz, ein Jahr nach seinem Unfalltod“, so Schmid-Tarmann.

Durch sein  Polarisieren hat Jörg Haider ein  gespaltenes Land hinterlassen. Ideologisch führte er Kärnten in die Vergangenheit zurück, huldigte dem Regionalismus und Nationalismus: Die Einsprachigkeit im Dreispracheneck und das Ortstafelverrücken mit seinem späteren Nachfolger Dörfler verblüffte viele Europäer. Kärnten wurde Schlusslicht Österreichs, was Arbeitslosigkeit, Kaufkraft und Verschuldung anbelangt. Die grüne Kultursprecherin setzt fort: „Und die Epigonen tun es ihm gleich, derb, ohne den gewissen Charme des Jörg Haider. So die Chuzpe des jetzigen Landeshauptmannes, es fast als Sakrileg zu werten, wenn im Landtag nach den 20.000 Euro  für die  Finanzierung der Gedenkstätte am Unfallort in Lambichl gefragt wird. Und in der Landeshauptstadt erschleicht sich der BZÖ- Wirtschafts- und Kulturreferent die Zustimmung zu 85.000 Euro im Stadtsenat für das Haider-Museum aus dem Kulturbudget durch Verschleierung.“

„Kärnten ist ein schönes Land, das ich liebe. Es ist meine Heimat, hier bin ich geboren und aufgewachsen. Doch Kritik an den Regierenden wird mit Heimatverrat und Nestbeschmutzen gleichgesetzt und dabei ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung das „andere Kärnten“ und verabscheut die orange Hybris“, berichtet Schmid-Tarmann. „Ein eigenes Haider-Museum mit seinen persönlichen Gegenständen, wird nun an seinem Todestag eröffnet: Glorifizierung und Mystifizierung in einem ehemaligen Nazibunker, der zur Pilgerstätte mutieren wird – das halte ich für eine unstatthafte Reliquienverehrung. Ein Haider-Totenkult, mit dem durch Pilgertourismus noch Profit gemacht werden soll!“ kritisiert die grüne Kultursprecherin. „Wir Grünen missbilligen den Totenkult des BZÖ. Es benützt einen Toten, um selbst politisch zu überleben. Wir werden aber keine Missfallskundgebungen und Gegenaktionen durchführen, um die Kluft im Land nicht noch mehr zu vertiefen. Stell dir vor, keine/r geht hin“, so Gemeinderätin Evelyn Schmid-Tarmann abschließend für die Grünen.