Intelligente Stadtentwicklung kann den Folgen von Unwettern vorbeugen

Intelligente Stadtentwicklung kann den Folgen von Unwettern vorbeugen

GR DI Elias Molitschnig sieht einen Zusammenhang zwischen den Folgen der Unwetter und der Art und Weise wie Stadtentwicklung und -planung heute noch betrieben wird. Er stellt die Nutzung und Revitalisierung von bereits aufgeschlossenen Flächen den Neuwidmungen gegenüber und kommt zu dem Schluss, dass leider zu oft die Natur, die Menschen und auch die Stadt als sozialer Lebensraum für die Wirtschaft geopfert werden.

Sintflutartige Regengüsse und Unwetter, wie sie in der letzten Zeit immer häufiger werden, stellen die Städteplaner vor neue Aufgaben. „Aber sind diese Probleme wirklich so neu? Oder haben die Verantwortlichen diesen Aspekt nur zu oft anderen Bestrebungen geopfert?“ fragt sich GR Elias Molitschnig, stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses der Stadt Klagenfurt. „Es werden immer wieder mit dem Totschlagargument des wirtschaftlichen Interesses, alle Bedenken im Sinne des Umweltschutzes und auch stadtplanerische Zielsetzungen kurzerhand ausgehebelt. Aus dem Leitbild der Stadt geht klar hervor, dass die Lebensqualität von Klagenfurt das, von der Bevölkerung, höchst geschätzte Gut ist. Ich vermisse oft das klare Bekenntnis zu diesem Leitbildgedanken, bei Entscheidungen in den politischen Gremien der Stadt.“

Aus Molitschnigs Sicht müsste es in der Stadtplanung einen Paradigmenwechsel geben. „Innenentwicklung soll vor Außenentwicklung gestellt werden, d.h. bereits aufgeschlossene Flächen und Industriebrachen sind als bevorzugtes Gelände zu betrachten, bevor man sich entschließt Neuwidmungen durchzuführen.“ spezifiziert Molitschnig und bekräftigt seinen persönlichen Zugang zum Thema Stadtentwicklung. „Normalerweise sollten immer die unwiederbringlichen Dinge die oberste Priorität haben, Naturschätze, Landschaft, historische und für das Selbstverständnis einer Stadt wichtige Bauten. Das alles macht die eigentliche Lebensqualität eines Siedlungsraumes aus. Und dem sind alle anderen Interessen unterzuordnen. So sehen es leider nur die wenigsten. Was herauskommt wenn man der Natur nicht mit Respekt begegnet, offenbart sich dann als über die Ufer getretene Flüsse und, im urbanen Gebiet, überschwemmte Keller und Grundstücke. Alles Zeichen unbedarfter Stadtentwicklung. Beim Thema Hochwasserschutz wird immer noch zu sehr auf rein technische Umsetzungen vertraut. Die, nicht zielführende, Begradigungen von Flussläufen kann nur von einer intelligenten, naturnahen Gestaltung dieser Lebensräume abgelöst werden, um nachhaltig eine Verbesserung der Maßnahmen des Hochwasserschutzes zu bewirken.“

„Vieles, von dem was in Vergangenheit falsch gemacht wurde, können wir natürlich nicht ausmerzen, aber wir können Lebensqualität erhalten, verbessern und Fehler dort beheben wo es uns möglich ist“, so Molitschnig weiter. „Eine große Chance steckt im Areal der ehemaligen Lederfabrik Neuner. Die ca. 6,5ha große Fläche wird eben von den Altlasten befreit und es ist hoch an der Zeit sich folgende Fragen zu stellen: Wie wird dieses Gebiet wieder zu einem Teil der Stadt? Wie wollen wir das Gebiet zu einem lebendigen Stadtteil entwickeln, fern der Art typischer Wohnburgen ohne jeglichen Raum für soziale Interaktion? Welche Teile der vorhandenen Industriearchitektur können und müssen wir erhalten, um die Identität dieses Ortes auch für unsere Nachkommen erlebbar zu machen?“ Oftmals entscheiden sich Planer, in der Überzeugung Neubau sei billiger als Altbausanierung, für den Abriss von reizvollen „Baudenkmälern“ ohne zu berücksichtigen wieviel „graue Energie1“ in dem Bestand bereits enthalten ist. Im Sinne des Klimaschutzes zählt diese sehr wohl mit zum ökologischen Fussabdruck.“

„Wir finden in Klagenfurt leider immer wieder Beispiele, wie achtlos mit prägenden Bauten umgegangen wird. Eines ist die Schleifung des, als „Mauthner Markhof Areal“ bekannten, Gebäudeensembles im Stadtteil Fischl. Was die wenigsten wissen, nach Siegmund Fischl, dem ursprünglichen Gründer und Fabriksbesitzer, ist der Stadtteil benannt. Da hätte man sicher sensibler vorgehen können.“

„Es wird Zeit, dass sich eine ganzheitliche Sicht in den Bereichen Stadtentwicklung und -planung durchsetzt, denn jede Veränderung im Lebensraum, jeder Neubau, stellt einen Eingriff in die Natur, in das Leben der BewohnerInnen, in die Stadt und ihre Geschichte dar. Veränderungen sind dann nachhaltig, wenn durch sie ein Mehrwert für alle Beteiligten entsteht“, so Molitschnig abschließend.

1 Als graue Energie wird die Energiemenge bezeichnet, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes benötigt wird. Dabei werden auch alle Vorprodukte bis zur Rohstoffgewinnung berücksichtigt und der Energieeinsatz aller angewandten Produktionsprozesse addiert. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Graue_Energie)