Pressegespräch

Gesprächspartner:
Michael Johann, Obmann Grüne Bäuerinnen und Bauern
Matthias Köchl, Parteiobmann Grüne Klagenfurt

27. März 2006
Salzamt, Klagenfurt

Klimakiller Gaskraftwerk – Keine Tricks bei CO2-Zertifikaten

Das Gaskraftwerk in Klagenfurt wäre mit einem CO2- Ausstoß von 1 Mio. Tonnen pro Jahr der absolute Klimakiller Nr. 1 in Kärnten. Bei einem derzeitigen Gesamtausstoß von ca. 5 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr in ganz Kärnten bedeutet das eine Steigerung um 20%. Österreich hat sich aber verpflichtet, seine Emissionen um 13% zu senken. Das ergibt eine Differenz von 33% vom Ist- zum Sollwert.

„Die Politiker wie Bürgermeister Scheucher, die jetzt für das Gaskraftwerk eintreten, sollen erklären, wie sie Österreichs Klimaziele erreichen wollen, wenn das Kraftwerk gebaut wird. Werden sie etwa den gesamten Individualverkehr verbieten oder die Kärntner Industrie zusperren? Denn die Klimaziele sind keine unverbindlichen Richtwerte, sondern EU-rechtlich festgelegt, die Nichterreichung hätte auch massive wirtschaftliche Folgen,“ warnt Michael Johann, Obmann der Grünen Bäuerinnen und Bauern.

Der Deal mit der Lizenz, das Klima zu verschmutzen

Verbund und Klagenfurter Stadtwerke machen im Genehmigungsverfahren zum Gaskraftwerk enormen zeitlichen Druck: Schon bis 31. März 2006, also in einer Woche, soll die Umweltverträglichkeitserklärung abgegeben werden. Normalerweise wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, die notwendigen Gutachten in der kurzen Zeit seit Jänner zu erstellen. Die Einreichunterlagen umfassen viele Aktenordner und bedürfen genauer Untersuchungen zur Umweltsituation, die in den Wintermonaten gar nicht erfolgen konnten.

Der Grund für den zeitlichen Druck liegt darin, dass die Verbundgesellschaft noch rasch zu billigen CO2-Zertifikaten kommen will. Denn für den Nationalen Zuteilungsplan („Nationaler Allokationsplan 2“, NAP 2) für Österreich ab 2008 müssen Projekte bis zum 31. März eingerecht sein, dort sind die CO2-Zertifikate gratis. Wenn der Verbund aber diese Frist versäumt, müssen die CO2 Zertifikate am freien Markt gekauft werden, und das käme teuer: rund 28 Mio. Euro pro Jahr, beim derzeitigen Marktpreis.

Wie funktioniert der CO2-Zertifikatshandel?

„CO2-Zertifikate sind die Erlaubnis für Energieerzeugungs- oder Industrieunternehmen, jedes Jahr eine bestimmte Menge am Treibhausgas CO2 auszustossen. Sozusagen die Lizenz, das Klima zu verschmutzen,“ erläutert Michael Johann. Nach den in der EU geltenden Regeln werden die für Österreich zur Verfügung stehenden Zertifikate auf die Industrie- und Energieversorgungsunternehmen aufgeteilt. In der Periode 2005-2007 waren das jährlich rund 32 Mio. t CO2.

Die nächste Periode beginnt 2008, dabei wird die Menge der zur Verfügung stehenden Zertifikate geringer sein, weil ja Österreich nach dem Kioto-Protokoll zur Senkung seiner CO2-Emissionen verpflichtet ist. Die Unternehmen, die mehr von dem Klimakiller CO2 in die Atmosphäre blasen, als sie zugeteilt bekamen, müssen von anderen Unternehmen in Europa, die Einsparungen erzielen, CO2-Zertifikate kaufen. Und die sind mittlerweile teuer (derzeit fast 28 Euro pro Tonne), mit stark steigender Tendenz.

Wenn der Verbund die Zertifikate für das Kraftwerk Klagenfurt am freien Markt kaufen müsste, wären das bei 1 Mio. t CO2 rund 28 Mio. Euro. Das würde den Gestehungspreis um mehr als einen Cent pro kWh anheben (macht also allein schon 25% des Marktpreises von etwa 4 Cent pro kWh aus). „Ohne Gratiszertifikate wäre das Gaskraftwerk Klagenfurt nicht wirtschaftlich zu betreiben,“ ist Michael Johann überzeugt.

„Schön für den Verbund, wenn er zu Gratis-Zertifikaten kommt. Das Problem dabei: Diese Zertifikate werden anderen fehlen,“ kritisiert Johann. Für seine geplanten Kraftwerke in Mellach und Klagenfurt wird der Verbund voraussichtlich etwa 2,7 Mio. t an CO2-Zertifikaten beanspruchen, seine stillgelegten und stillzulegenden Kraftwerke in St. Andrä, Zeltweg, Klagenfurt und Voitsberg machten aber nur knapp 1,6 Mio. t CO2 aus. Der Verbund will also um rund 1,1 Mio. t mehr an CO2-Zertifikaten, und diese werden anderen Energiewirtschafts- und Industrieunternehmen fehlen, vor allem auch deshalb, weil die zur Verteilung kommende Menge an CO2-Zertifikaten insgesamt gesenkt wird.

„Die Grünen werden darauf achten, dass beim Genehmigungsverfahren zum Gaskraftwerk alles mit rechten Dingen zugeht und keine Tricks angewendet werden,“ kündigt Johann an. Eine rasche Pro-forma Einreichung der UVE (Umweltverträglichkeitserklärung), um nur ja den Termin am 31. März 2006 nicht zu verpassen, wollen die Grünen nicht zulassen. „Denn es ist gerade im Interesse der Wirtschaft und der Industrie, dass bei den CO2-Zertifikaten nicht geschwindelt wird!“

Das Gaskraftwerk killt auch das Lokalklima

Mit dem Gaskraftwerk wird auch das Lokalklima in der Umgebung von Klagenfurt stark belastet. Bei der Verbrennung und der Verdampfung von Wasser aus der Gurk zur Kühlung der Anlage werden täglich etwa 10.000 t Wasserdampf freigesetzt, es bilden sich Wolken, Nebel und im Winter Schnee und Glatteis.

Durch die Überdimensionierung des Gaskraftwerkes kommt es bei den Stickoxiden zu einem weiteren Problem: Gerade im Sommer, wenn das alte Fernheizwerk stillgestanden ist, wird das neue Kraftwerk Stickoxide abgeben. Die Schadstoffwolken werden vertragen und bilden gerade in den sogenannten Reinluftgebieten (etwa im Tourismuszentrum am Klopeinersee) gesundheitsschädliches Ozon. Auch die Wälder in den Randgebieten des Klagenfurter Beckens (Karawanken) werden durch Stickoxide und Ozon beeinträchtigt.

Ein Kraftwerksgigant für das Strom-Exportgeschäft

Das geplante Gaskraftwerk produziert 24 Mal mehr Strom als das alte Fernheizwerk erzeugt. „Es ist wie eine Familie, die ihr altes Auto, das kein Pickerl mehr bekommt, verschrotten muss, aber sich statt eines Neuwagens einen 40-t Sattelschlepper kauft, weil Ihnen der Verkäufer einredet, dass sie damit ihre Einkäufe leichter nach Hause fahren können,“ erklärt Matthias Köchl, Parteiobmann der Grünen in Klagenfurt.

„Hier geht es in Wahrheit um ein lukratives Stromexportgeschäft für den Verbund, der damit satte Gewinne machen will. Die Kärntnerinnen und Kärntner müssen hingegen die Schadstoffe schlucken,“ wirft Köchl dem Verbund Geschäftemacherei zu Lasten der Gesundheit und Umwelt der KärntnerInnen vor.

Gas kommt genauso wenig aus der Pipeline wie der Strom aus der Steckdose. Das Gas kommt aus Russland und macht uns krisenabhängig, denn die Lagerkapazitäten sind auf nur zwei Monate beschränkt. Wenn wir hingegen auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien setzen, stärken wir hingegen die heimische Wirtschaft.

Alternativen zum Gaskraftwerk

„Es gibt sehr sinnvolle Alternativen zum Gaskraftwerk,“ erläutert Matthias Köchl. „Das Problem ist, dass es sowohl der Landes- als auch der Stadtregierung ein Plan fehlt. Denn das letzte Energiekonzept des Landes Kärnten stammt aus dem Jahr 1991 und ist hoffnungslos veraltet.“ Landesrat Rohr hat zwar vor einem Jahr einen zaghaften Versuch gemacht, ein neues Energiekonzept zu erstellen, dieses Projekt liegt aber auf Eis.

Die Grünen Kärnten haben berechnet, dass es in Kärntens Haushalten ein Strom-Sparpotential von 250 GWh, im Dienstleistungsbereich von 330 GWh und weitere wirtschaftlich nutzbare Effizienzpotentiale in der Industrie gibt. Bei den erneuerbaren Energien gibt es trotz des hohen Ausgangsniveaus noch riesige Möglichkeiten: Mindestens 1-2 Mio. Schüttraummeter Hackgut aus den Kärntner Wäldern könnten zusätzlich energetisch genutzt werden. Ein Biomasse-Heizwerk in der Dimension des alten Fernheizwerkes würde weitaus weniger Holz benötigen, als jedes einzelne der sechs größten Kärntner Sägewerke und Papierfabriken.